Vor nicht allzu langer Zeit haben wir in unserer Bibliothek unseren eigenen Ausleihrekord getoppt. Allerdings keinen, der uns im BIX nach vorn bringen würde. Es geht nämlich nicht um die Ausleihmenge, sondern um die Ausleihlänge.
Da wir als wissenschaftliche Spezialbibliothek unseres Trägers in erster Linie für die WissenschaftlerInnen unseres Hauses tätig sind, gibt es für diese KundInnen keine Leihfrist. Und da sie häufig längere Zeit an einem Projekt arbeiten und oft auch SpezialistInnen zu einem Thema sind, sind Langzeitausleihen über mehrere Jahre bei uns keine Seltenheit. Aber auch wir waren überrascht, als letztlich einer unserer Wissenschaftler in Rente ging. Er hatte über mehrere Jahrzehnte an einem größeren europaweiten Projekt gearbeitet, das er kurz vor seinem Abschied auch abschließen konnte. Und als er uns seine Ausleihen zurückgab, stellte sich heraus, dass er ein Werk vor 30 Jahren, zwei Monaten und vier Tagen entliehen hatte! Und das Beste: nicht nur das Buch war noch vorhanden, sondern auch der von ihm selbst damals ausgefüllte Leihschein! Alles war genau so, wie es sein soll. (Falls es jemanden wundert: da wir für externe KundInnen Präsenzbibliothek sind, ist unsere Ausleihe nicht automatisiert.)
Mich würde nun interessieren, ob irgend eine andere Bibliothek in Deutschland eine längere reguläre Ausleihe vorweisen kann. Wie gesagt, ich meine eine reguläre Ausleihe, und nicht Fälle, wie ich sie im ersten Kommentar zu diesem Post beschreibe. Wer weiß etwas?
Anders liegt der Fall bei einem Buch, das der deutsche Chemie-Nobelpreisträger Gerhard Ertl kurz vor dem Abitur aus seiner Schulbücherei entliehen, es ihr vor dem Verlassen der Schule aber nicht mehr zurückgegeben hatte. Das gestand er bei einer kleinen Feier, als er vor einiger Zeit seine alte Schule, das Johannes-Kepler-Gymnasium in Bad Cannstatt, besuchte. Der beeindruckendste Moment der Feier war die Rückgabe eben dieses Buches über das Leben Galileis, das er nach 53 Jahren an seinen Standort zurückbrachte. Selbstverständlich, so meinte er schmunzelnd, mit der entsprechenden Mahngebühr, und er überreichte dem verdutzten Schulleiter einen Scheck über 1.000 Euro für die Schule.
Vor drei Jahren hat in Wellington, Neuseeland, eine neuseeländische Bibliothek eines ihrer Bücher nach einer Ausleihdauer von 61 Jahren wieder zurückerhalten. Marie Sushames aus Rotorua auf der Nordinsel hatte den humoristischen Band in einer Schachtel mit Familiennachlässen gefunden. Die Bibliothekarin Jane Gilbert zeigte sich höchst erfreut über die unerwartete Rückgabe und hat auf die inzwischen angehäuften Überziehungsgebühren von umgerechnet 5.130 Euro verzichtet. Der Band wird seither ausgestellt, versehen mit dem Schild: «Es ist nie zu spät, ein Buch zurückzugeben.»
Beides via Netbib Weblog.
By: haferklee on 13. April 2009
at 21:45:09